Stiftung:

Mein großer Traum ist die Mitgründung einer Stiftung, die sich den gesellschaftlichen Problemen der Jugend und des Altseins nicht nur aus der üblichen ökonomischen, politischen und soziologischen Sicht, sondern zuvorderst aus dem vernachlässigten biologischen Blickwinkel nähert. Die Ergebnisse der Hirnforschung (Neurobiologie) widersprechen ganz eindeutig der gegenwärtigen psychosozialen Entwicklung unserer Gesellschaft. Gemeint ist der zunehmende Verlust an empathischem Bewusstsein, dem Empfinden für Mitgefühl und Verbundenheit zu anderen Menschen. Der Glaube an die Familie, die im Übrigen als „Sorge um die Brut“ im limbischen System (Gehirn) lokalisiert ist, geht zunehmend verloren, auf die alten Menschen wartet die Isolation. In einer Welt, die sich mehr und mehr mit der Zerlegung in immer kleinere Teilchen beschäftigt, geht der Blick für das Ganze verloren. Leben heißt lernen, nicht die genetische Anlage, sondern Lernprozesse bestimmen das Leben. Die Zeit zum Kindsein schrumpft. Vollgestopft mit unwichtigem Quark aus einer digitalen Suppe, gekocht von Besserwissern, sollen die Kinder lernen, das Leben zu meistern, ohne zu wissen, was Leben bedeutet. Verunsicherte Eltern, deren eigenes Leben von Stress, Zukunftsangst und vordergründigen Werten bestimmt ist, sind zunehmend nicht mehr in der Lage, diese existenzielle Verunsicherung aufzufangen. Alkohol, Drogen und eine missverstandene Sexualität werden zu falschen Beratern.

Alte Menschen werden heute, mehr als früher, als Belastung empfunden. Die, die Deutschland unter unvorstellbaren Mühen wieder aufgebaut haben und in prämierten Filmen als Helden verehrt werden, führen vielfach ein unwürdiges Leben. Eine in der Einsamkeit geborene psychosoziale Demenz ist noch keine Alzheimer-Erkrankung, sondern ein Problem der Gesellschaft. Politik, Kirche und Universitäten liefern derzeit keine erfolgreichen Konzepte, wieder das Gefühl der Verbundenheit in den Menschen zu wecken und Kinder und Alte zu verstehen, im Gegenteil.

Deshalb glaube ich, dass unabhängige, von einer Stiftung finanzierte Repräsentanten aus der Biologie, Psychologie, Philosophie, Ökonomie und den Kommunikationswissenschaften die Fehlleistungen der Gesellschaft und ihrer Mitglieder besser analysieren können als Parteien, Wissenschaftskonzepte oder Quoten gebundene „Spezialisten“. Die erarbeiteten Konzepte sollten dann öffentlich publiziert und diskutiert werden und nicht in wissenschaftlichen Spezialblättern darben oder in sog. politischen Fachgremien verloren gehen. In einer Welt, die von Krisen, Gewalt, Neid und Zukunftsangst geprägt ist, warten die Menschen geradezu sehnsüchtig auf Liebe und Verständnis.

Empathie kann man nicht mit Gesetzen regeln oder über wissenschaftliche Doktrinen vorgeben. Empathisches Bewusstsein ist ein Lernprozess, der vor allem in der kindlichen Entwicklung zum Tragen kommt. Sie sollte von Zuneigung, Zuwendung und Verständnis geprägt sein. „All You Need Is Love“ (Beatles).

Luk Geiger